Bienenstich

Ratgeber / Gesundheit

Insektenstiche: Wenn Bienen und Co. zur Gefahr werden

24.06.2024 / von 

In der warmen Jahreszeit sind Insektenstiche nichts Ungewöhnliches. Reaktionen wie Rötungen, Schwellungen oder Schmerz an der Einstichstelle sind zwar unangenehm, aber harmlos. Doch worauf müssen Allergiker*innen achten? Und wie sollten sie und ihr Umfeld im Notfall reagieren?

Ähnlich wie Blütenpollen, Lebensmittel oder Tierhaare können auch Insekten wie Wespen, Bienen, Hummeln oder Hornissen Allergien auslösen. Gelangt das Insektengift in den Körper, erkennt das Immunsystem die Substanz als Eindringling und möchte sie bekämpfen. Diese Abwehrreaktion kann so heftig sein, dass sie zu einem medizinischen Notfall wird. Eine Allergie zeigt sich allerdings frühstens ab dem zweiten Kontakt mit dem Gift und kann sich im Verlauf des Lebens jederzeit entwickeln.

Wie äussert sich die Allergie?

Allergien gegen Insektengifte äussern sich häufig durch eine starke Reaktion am Ort des Einstichs, zum Beispiel in Form von schmerzhaften, geröteten Schwellungen. Bei einigen Menschen kann jedoch eine systemische Reaktion erfolgen, die über die unmittelbare Umgebung des Stichs hinausgeht. Symptome wie Atemnot, Schwindel, Kreislaufprobleme und in schweren Fällen ein anaphylaktischer Schock können auftreten. Diese Reaktionen sind nicht nur unangenehm, sondern können ohne schnelle Behandlung tödlich enden. Die Symptome werden in verschiedene Schweregrade eingeteilt:

Bei einer lokalen Reaktion tritt im Bereich der Einstichstelle eine Rötung oder Schwellung auf, oft begleitet durch Juckreiz oder Brennen. Die Schwellung ist kleiner als 10 Zentimeter im Durchmesser und klingt nach 24 Stunden wieder ab. Bei einer schweren lokalen Reaktion ist die Schwellung grösser als 10 Zentimeter, schmerzhaft und hält länger als einen Tag an. Als Begleiterscheinung kann ein Krankheitsgefühl auftreten. Die systemische Reaktion kann sich zusätzlich durch Symptome wie Schwindel, Atemnot, Übelkeit, Durchfall und Kreislaufprobleme äussern.

Anaphylaktischer Schock als Notfall

Die heftigste allergische Reaktion ist der anaphylaktische Schock, der oft mit Atemnot, Blutdruckabfall und Bewusstlosigkeit einhergeht. Im schlimmsten Fall kommt es zum Herzkreislaufversagen. Ein anaphylaktischer Schock kündigt sich meistens durch Symptome wie Schweissausbrüche, Schwindel, Erbrechen oder Übelkeit sowie Herzrasen an. Wer nach einem Insektenstich eines oder mehrere dieser Symptome verspürt, sollte rasch notärztliche Hilfe anfordern.

Diagnose einer Insektengiftallergie

Nicht alle Personen, die mit einer Schwellung auf einen Insektenstich reagieren, sind auch allergisch. Ist die Schwellung jeweils grösser als eine Handfläche oder breitet sich in Form von Nesselfieber am ganzen Körper aus, kann man von einer allergischen Reaktion ausgehen. Gewissheit verschafft eine ärztliche Diagnose. Die beginnt in der Regel mit einer detaillierten Befragung, gefolgt von Hauttests oder Blutuntersuchungen, um spezifische Abwehrstoffe gegen Insektengifte zu identifizieren. Diese Tests helfen, die genaue Ursache der allergischen Reaktionen zu bestimmen und eine geeignete Behandlung zu planen.

Behandlung im Akutfall

Nach einem Bienenstich sollte der Stachel rasch entfernt werden, möglichst ohne den Giftbeutel daran zusammenzudrücken. Dadurch wird verhindert, dass noch mehr Gift in den Körper gelangt. Bei leichten allergischen Reaktionen können kühlende Umschläge sowie antihistaminhaltige Cremes oder Gels Linderung verschaffen. Bei schwerwiegenden, aber lokal bleibenden Reaktionen kann auch ein Antihistaminikum eingenommen werden. Es hemmt die Freisetzung des Botenstoffs Histamin, der für die Immunreaktion mitverantwortlich ist, und lindert so die Symptome der Allergie. Menschen, bei denen eine starke Allergie diagnostiziert wurde, müssen ein Notfallset bei sich tragen, wann immer die Gefahr besteht, dass sie gestochen werden könnten. Es enthält die zwei Arzneistoffe Kortison und Antihistamin sowie für starke Allergikerinnen und Allergiker ein Adrenalinautoinjektor. Werden Betroffene gestochen, können sie sich die Medikamente sofort verabreichen oder verabreichen lassen. Mit dem Adrenalininjektor lässt sich schnell und einfach eine Dosis Adrenalin anwenden, um den schwersten Symptomen der Reaktion zu entgegenzuwirken. Dazu wird der Adrenalininjektor kräftig in die Aussenseite des Oberschenkels gedrückt, bis die Nadel eingedrungen ist, und während drei bis zehn Sekunden gehalten (je nach Hersteller). Nach der Anwendung eines Adrenalininjektors muss die betroffene Person sofort eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

Allergikerinnen und Allergikern wird empfohlen, das soziale Umfeld wie Partner, Familie und Arbeitskolleginnen über die Allergie zu informieren, damit sie im Notfall richtig handeln und bei schweren allergischen Reaktionen den Notarzt alarmieren können.

Vorbeugung mit Desensibilisierung

Es besteht die Möglichkeit, die Immunreaktion auf Insektenstiche langfristig abzuschwächen und das Immunsystem zu desensibilisieren. Im Rahmen einer Desensibilisierung wird dem Körper regelmässig stark verdünntes Insektengift verabreicht, wobei die Dosis kontinuierlich erhöht wird. Das Ziel der Behandlung ist es, das Immunsystem ganz langsam an die allergieauslösenden Substanzen zu gewöhnen, damit es immer weniger zu einer überschiessenden Immunreaktion kommt. Eine solche Behandlung dauert meistens zwischen drei und fünf Jahre.

Kleine Insektenkunde: Biene vs. Wespe

Bienen und Wespen kann man anhand verschiedener Merkmale unterscheiden. Die Wespe erkennt man an ihren kontrastreichen schwarz-gelben Streifen und der schlanken Wespentaille, während die Biene bräunlich behaart und etwas breiter ist. Auch im Fressverhalten unterscheiden sie sich voneinander: Als Vegetarierin ernährt sich die Biene von süssem Nektar und Pollen. Die Wespe hingegen ist Fleischfresserin. Sie jagt Insekten – oder taucht an Grillabenden auf. Sogar ihren Stachel nutzen sie unterschiedlich. Während Wespen ihn gezielt für die Insektenjagd einsetzen und mehrmals zustechen können, stechen Bienen nur aus Notwehr – und sterben meistens dabei. Bienenstiche treten häufig beim Barfusslaufen im Gras auf, während Wespenstiche oft beim Essen und Trinken im Freien vorkommen.

Diana Schäffer
Stiche im Mund und Rachenraum können auch für Nichtallergiker*innen gefährlich sein.

Diana Schäffer

Apothekerin und Co-Betriebsleiterin

Welche Insektenstiche sind in der Schweiz die häufigsten Auslöser für Allergien?

Bienen und Wespen sind am häufigsten für Allergien verantwortlich. Andere Insekten wie Mücken oder Brämen sind weniger relevant.

Welche Tipps haben Sie, um einen Insektenstich zu vermeiden?

Da Bienen von Farben angelockt werden, verzichtet man am besten auf bunte Kleidung. Zudem sollte man Distanz zu Blumen und Blüten halten und nicht barfuss im Gras laufen, da sich Bienen gerne im Klee aufhalten. Bei der Gartenarbeit sind langärmelige, eher eng anliegende Kleidung und Handschuhe angebracht. Um Wespenstiche zu vermeiden, sollte man das Essen im Freien wenn möglich unterlassen und nicht direkt aus Flaschen oder Dosen trinken. Und auf keinen Fall hektisch mit den Händen fuchteln, da das die Wespen aggressiv macht. Wichtig ist zu erwähnen, dass Stiche im Mund und Rachenraum auch für Nichtallergiker*innen gefährlich sein können, weil eine Schwellung der Schleimhäute die Atmung beeinträchtigen kann.

Wie verhält man sich, wenn jemand im Umfeld einen anaphylaktischen Schock erleidet?

In erster Linie sollte man ruhig bleiben und die Ambulanz rufen. Am besten gibt man am Telefon Bescheid, dass es sich um einen allergischen Schock handeln könnte. Man kann die betroffene Person auch fragen, ob sie Notfallmedikamente in Form von Tabletten oder Adrenalinspritzen dabeihat, und ihr bei der Verabreichung behilflich sein.