Man möchte ein Rezept einlösen und erfährt von den Fachpersonen in der Apotheke, dass die Krankenkasse die Kosten dafür nicht übernimmt. Warum werden manche Medikamente bezahlt und andere nicht?
Grundsätzlich kann für alles Mögliche ein Rezept ausgestellt werden. Das gilt allerdings nicht als «Garantie», dass die Krankenkasse verordnete Medikamente auch bezahlt. Abgesehen vom eigenen Selbstbehalt und der Deckung, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit die obligatorische Krankenpflegeversicherung Medikamentenkosten übernimmt.
1. Zugelassene Arzneimittel
Beim verordneten Präparat muss es sich um ein Arzneimittel handeln, das von der Swissmedic, der Schweizerischen Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte, zugelassen worden ist. Ob dieses rezeptpflichtig, nicht rezeptpflichtig oder nach einer Fachberatung ohne Rezept erhältlich ist, spielt dabei keine Rolle. Darüber hinaus muss das Arzneimittel auf der sogenannten Spezialitätenliste aufgeführt sein. Diese enthält pharmazeutische Spezialitäten und Arzneimittel, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen werden. Präparate auf dieser Liste müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nimmt auch nur von der Swissmedic zugelassene Arzneimittel in diese Liste auf. Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika werden grundsätzlich nicht übernommen, die Richtlinien zu ihrer Handhabung regelt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).
2. Ärztliche Verordnung
Krankenkassen vergüten nur Arzneimittel, die von einer Ärztin oder einem Chiropraktiker verordnet werden. Arzneimittel auf Rezepten von Zahnärztinnen oder Tierärzten müssen selber bezahlt werden.
3. Anwendungsgebiet
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt lediglich die Kosten für Arzneimittel, die bestimmungsgemäss eingesetzt werden, das heisst, das Anwendungsgebiet und die Dosierungen müssen der Zulassung des Medikaments durch die Behörde entsprechen.
Obligatorische Krankenpflegeversicherung
Mit der obligatorischen Krankenpflegeversicherung verfolgt die Schweiz ein solidarisches System. Denn alle in der Schweiz lebenden Personen sind verpflichtet, eine obligatorische Krankenpflegeversicherung abzuschliessen und jederzeit Prämienzahlungen zu leisten. Dadurch ist jeder und jedem der Zugang zu einer medizinischen Versorgung gewährleistet, und die eingezahlten Prämiengelder kommen da zum Einsatz, wo sie unmittelbar benötigt werden. Zusatzversicherungen für Medikamente, die nicht auf der Spezialitätenliste stehen, oder für alternative Heilmethoden sind freiwillig.
Fabienne Pape
Eidg. dipl. Apothekerin und Betriebsleiterin in Zürich
Der Zahnarzt verordnet einer Person Mitte 20 ein Antibiotikum nach der Ziehung von Weisheitszähnen.
«Nach Eingriffen verschreiben Zahnärzte in manchen Fällen ein Antibiotikum. Obwohl Antibiotika streng rezeptpflichtig und auch auf der Spezialitätenliste aufgeführt sind, werden die Kosten in diesem Fall nicht übernommen. Es gibt zwei Gründe dafür: Das Rezept wurde von einem Zahnarzt ausgestellt (und kann nicht mit der Krankenkasse abgerechnet werden) und es liegt keine Erkrankung vor.»
Eine Frau hat ein Rezept für die Antibabypille.
«Die Kosten für dieses Präparat werden nicht übernommen, weil Antibabypillen nicht auf der Spezialitätenliste aufgeführt sind. Das gilt auch für andere hormonelle Verhütungsmittel wie Pflaster oder lokale Kontrazeptiva. Medikamente zur Verhütung muss man in der Regel selber zahlen.»
Auf dem Rezept eines Herrn steht ein Mittel gegen Erektionsstörungen.
«Sogenannte PDE-5-Hemmer werden nach Bedarf und kurzfristig eingesetzt. Sie können Erektionsstörungen zwar positiv beeinflussen, aber nicht heilen. Diese Medikamente sind dokumentationspflichtig, werden aber nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen.»
Die Hautärztin verschreibt einem jungen Mann neben einem oralen Arzneimittel gegen Akne eine feuchtigkeitsspendende Gesichtscreme.
«Die Gesichtscreme wird nicht bezahlt, da es sich um kein Arzneimittel handelt. Solche Produkte gelten als Kosmetika und durchlaufen deshalb auch nicht die Vorgaben des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic.»
Eine Kundin löst das Rezept für ein Malariamittel ein.
«Die meisten, die schon in ferne Länder gereist sind, haben zur Prophylaxe ein Malariamittel geschluckt. In diesem Fall müssen die Kosten selber getragen werden. Erkranken Reisende tatsächlich an Malaria, kommt dasselbe Medikament bei der Therapie zum Einsatz und wird dann von der Krankenkasse übernommen. Hier ist also die Indikation entscheidend.»
FAZIT
Keine Regel ohne Ausnahme: In Einzelfällen kann es vorkommen, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung auch Kosten übernimmt, die nicht alle drei Voraussetzungen erfüllen. Die verschreibenden Ärztinnen bzw. Ärzte bestimmen die Therapie. Sie haben es in der Hand, Arzneimittel aus der Grundversicherung zu verordnen.
Die Fachpersonen in Ihrer Apotheke prüfen bei jeder Rezeptausführung die Kostendeckung und informieren Patientinnen und Patienten, falls eine Deckung nicht gewährleistet werden kann.