Medikament einnehmen

Ratgeber / Gesundheit

Medikamente richtig anwenden

25.04.2022 / von 

Morgens, mittags, abends; vor dem Essen oder viermal täglich: Die von den Fachpersonen der Apotheke verfasste Dosierungsetikette und die Packungsbeilage geben Auskunft, wie Medikamente angewendet werden. Warum es sinnvoll ist, sich an diese Hinweise zu halten.

Eine Brausetablette wird in Wasser aufgelöst, ein Zäpfchen in den Enddarm eingeführt und eine Kapsel mit Wasser geschluckt. Heute sind die Darreichungsformen von Arzneimitteln sehr vielfältig, manche sind sogar in mehreren verschiedenen Formen erhältlich. Medikamente bestehen in der Regel aus chemischen Wirkstoffen und wirkneutralen Hilfsstoffen. Jeder Wirkstoff hat seine Eigenschaften und braucht bestimmte Voraussetzungen, um seine Wirkung im menschlichen Organismus zu entfalten. Deshalb gibt es keine allgemeingültige Faustregel, wie man Medikamente korrekt einnehmen soll. Denn neben der Darreichungsform sind auch die Aufnahme des Wirkstoffs im Körper sowie dessen Verarbeitung und Ausscheidung die Kriterien dafür, wann, wie und wie oft Arzneimittel zum Einsatz kommen. Ebenso spielt die Indikation eine Rolle: Ein Schlafmittel wird vor dem Zubettgehen eingenommen, Schmerzmittel können nach Bedarf dosiert werden, und Zuckerkranke spritzen ihr Insulin oft nach Schema.

Medikamenteneinnahme rund ums Essen

Zahlreiche Lebensmittel beeinflussen die Wirkstoffe von Arzneimitteln. Sie können deren Wirkung beeinträchtigen, abschwächen oder verstärken und somit ihr Ziel verfehlen. Die Aufnahme von Medikamenten gegen Schilddrüsenunterfunktion beispielsweise wird durch Nahrungsaufnahme vermindert. Deshalb rät man, sie immer morgens mindestens eine halbe Stunde vor dem Essen mit einem Glas Wasser einzunehmen – dann ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass der Magen leer ist. Nach dem Essen werden etwa orale Mittel gegen Pilzinfektionen oder fettlösliche Vitamine (Vitamin A, D, E und K) eingenommen. Sie benötigen Fett aus der Nahrung, um vom Organismus gut aufgenommen werden zu können und ihre Wirkung zu entfalten.

Definierte Zeitspannen

Bei einer Antibiotikatherapie sollte man sich strikt an die vorgegebenen Zeiten halten. Manche sind alle zwölf, andere alle acht Stunden einzunehmen, abhängig vom Wirkstoff. Antibiotika töten Bakterien ab oder bewirken, dass sich Bakterien nicht weiter vermehren können. Daher ist die regelmässige und sorgfältige Einnahme von Antibiotika Voraussetzung für die Genesung. Sogenannte Retardformen hingegen sind so konzipiert, dass sie, meist über mehrere Stunden, gleichmässig Wirkstoff in den Organismus abgeben. Man kennt solche Formulierungen bei Schmerzmitteln oder Vitaminpräparaten.

Bestimmte Tageszeiten und besondere Umstände

Bei anderen Medikamenten orientiert sich der Einnahmezeitpunkt nach den Abläufen im Körper. Exemplarisch zeigt sich das am körpereigenen Hormon Cortisol. Es wird in der Regel während der zweiten Nachthälfte in den Nebennierenrinden produziert. Morgens zwischen sieben und acht Uhr steht es in höchster Konzentration zur Verfügung. Kortisonpräparate nimmt man bei einer Langzeittherapie demnach morgens vor acht Uhr ein. So wird der Stoffwechsel durch die zusätzliche Zufuhr weniger gestört und es kommt seltener zu unerwünschten Wirkungen. Ist Kortison als Notfallmedikament verordnet, etwa bei Allergie auf Insektenstiche, erfolgt die Einnahme sofort. Die Eigenschaften eines Wirkstoffs sorgen dafür, dass bei manchen Arzneimitteln die Einnahmevorschriften zwingend einzuhalten sind. Die Einnahme in aufrechter Haltung oder im Stehen wird vorgeschrieben, wenn die Gefahr besteht, dass reizende Wirkstoffe die Speiseröhre angreifen.

Damit die abertausenden Wirkstoffe wirken, wie sie sollen, und der Rhythmus des Organismus so wenig wie möglich gestört wird, lohnt sich die Einnahme von Arzneimitteln nach Vorgabe gleich mehrfach. Die Fachpersonen in Ihrer Apotheke beraten Sie gern individuell.

So sind die Angaben zur Einnahme zu verstehen

  • Vor dem Essen: mindestens eine halbe Stunde vor der Nahrungsaufnahme
  • Mit dem Essen: unmittelbar vor, während oder unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme
  • Nach dem Essen: mindestens ein bis zwei Stunden nach der Nahrungsaufnahme
  • Einmal täglich: alle 24 Stunden
  • Zweimal täglich: alle 12 Stunden
  • Dreimal täglich: alle 8 Stunden
  • Viermal täglich: alle 6 Stunden
  • Ganz schlucken: Die Tablette darf nicht zerteilt und die Kapsel nicht geöffnet werden
  • Umzuschütteln: Emulsionen oder Suspensionen werden vor Gebrauch geschüttelt, damit sich der Wirkstoff gleichmässig verteilen kann und pro Dosis die erforderliche Menge vorhanden ist
  • Auf der Zunge zergehen lassen: Die Tablette löst sich im Mund auf und soll mit dem Speichel geschluckt werden
Madeleine Piazza
Eine Tablette mit genug Wasser einzunehmen hilft, sie im Magen besser aufzulösen.

Madeleine Piazza

Eidg. dipl. Apothekerin und Betriebsleiterin

Wie werden orale Medikamente idealerweise eingenommen?

Am besten mit mindestens einem halben Glas Leitungswasser, da viele Nahrungsmittel und Getränke die Aufnahme von Wirkstoffen beeinflussen. Mehr als ein Schluck Wasser hilft auch, die Tablette im Magen besser aufzulösen, und kann einen positiven Effekt auf die Wirkgeschwindigkeit haben.

Bei einer Einnahme alle 6 Stunden: Soll man in diesem Fall den Wecker stellen?

Auf die Minute kommt es nicht an. Aber eine möglichst gleichmässige Verteilung der Einnahme über 24 Stunden ist sinnvoll, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Die erste und die letzte Einnahme sollte möglichste nah am Einschlaf- und Aufwachzeitpunkt liegen.

Muss eine Einnahme einmal täglich immer zum gleichen Zeitpunkt erfolgen?

Dies ist abhängig von der Art des Medikaments. Wirkstoffe, die beispielsweise einen Einfluss auf die Blutgerinnung oder den Hormonhaushalt haben, werden möglichst immer zur gleichen Zeit genommen. Es ist auch einfacher, sich an die Einnahmevorschrift zu halten, wenn man sich an einen Einnahmezeitpunkt gewöhnt hat. So geht die Medikamenteneinnahme weniger vergessen.

Richtig kombiniert

Bei der Kombination von zwei oder mehreren Medikamenten können sogenannte Interaktionen auftreten. Dabei beeinflussen sich die Wirkstoffe in ihrer Funktion. Wechselwirkungen sind meistens unerwünscht und führen im schlimmsten Fall zu einem Wirkungsverlust, gefährlichen Nebenwirkungen oder einer Überdosierung. Sie treten nicht nur mit verschreibungspflichtigen und frei verkäuflichen Medikamenten, sondern auch mit Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln, Getränken oder pflanzlichen Heilmitteln auf. Die Fachpersonen in Ihrer Apotheke prüfen, ob vorliegende Kombinationen sicher sind.