Hormone sind wichtige Botenstoffe des Körpers. Sie steuern und regulieren unseren Kreislauf, den Stoffwechsel, den Salz- und Wasserhaushalt und die Fortpflanzung. Wie machen sie das?
In unserem Leben, im Alltag sowie für unsere Gefühlslage spielen Hormone – auch Botenstoffe genannt – eine äusserst wichtige Rolle. Etwa hundert verschiedene Botenstoffe sind heute bekannt. Die Wissenschaft vermutet jedoch bis zu tausend der natürlichen Signalübermittler, die für zahlreiche chemische Prozesse in unserem Körper mitverantwortlich sind. Über die Hormone werden zum Beispiel das Wachstum und die Entwicklung, der Wasser- und Wärmehaushalt sowie der Stoffwechsel der Zellen reguliert. Doch auch der Schlaf-wach-Rhythmus, Appetit oder Hungergefühle, der Blutdruck und das Blutvolumen hängen von einem ausgeglichenen Hormonhaushalt ab.
Wo Hormone gebildet werden
Hormone werden in verschiedenen Organen und Geweben gebildet, in der Fachsprache endokrine Drüsen genannt. Dazu gehören unter anderem die Bauchspeicheldrüse, Keimdrüsen (Hoden und Eierstöcke), Schilddrüse, Nebenschilddrüsen, Nebennieren und Hirnanhangdrüse. Auch der Hypothalamus und die Zirbeldrüse im Gehirn oder die endokrinen Zellen im Magen-Darm-Trakt sind an der Hormonproduktion beteiligt.
Die Wissenschaft geht davon aus, dass Drüsen, Zellen und Hormone ein komplexes Netzwerk bilden, das mit anderen Systemen wie dem Herz-Kreislauf- oder dem Nervensystem kommuniziert. Der stete Austausch untereinander ermöglicht schnelle Regulationsprozesse und sorgt für einen gut austarierten Hormonhaushalt. Findet eine Unter- oder Überproduktion von Hormonen statt, kann unser System aus der Balance geraten. Welche Auswirkungen das haben kann, zeigen wir an acht ausgewählten Botenstoffen.
Bildung und Funktion der Hormone
Oxytocin
Oxytocin ist ein Bindungs- und Glückshormon und wird im Hypothalamus im Gehirn gebildet. Ausgeschüttet wird es dann, wenn wir uns Menschen nahe fühlen. Es reguliert den Blutdruck und vermindert die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol. Oxytocin spielt bei zwischenmenschlichen Bindungen und Beziehungen eine grosse Rolle. Zudem schärft es unsere Wahrnehmung und Interpretation von Emotionen anderer Mitmenschen. Eine sehr hohe Ausschüttung findet beim Geschlechtsverkehr und beim Orgasmus statt.
Melatonin
Das Schlafhormon Melatonin wird bei Anbruch der Dunkelheit von der Zirbeldrüse ausgeschüttet und läutet die Ruhe- und Regenerationsphase ein. Es wirkt aber nicht nur schlaffördernd und setzt Wachstumsprozesse in Gang, sondern kommuniziert dem Körper auch, die Temperatur zu senken. Bei Tagesanbruch sorgt die steigende Cortisolproduktion dafür, dass das Melatonin während des Tages unterdrückt wird. Bei längeren Stressphasen verhindert Cortisol jedoch die Melatoninproduktion und kann Schlafstörungen auslösen.
Cortisol
Das Stresshormon Cortisol wird in der Nebennierenrinde produziert und regt die Energiebereitstellung im Körper an. Zudem dient es als wichtiger Schutz vor Entzündungen. Freigesetzt wird es bei körperlicher und emotionaler Anstrengung. Wird das Hormon dauerhaft ausgeschüttet, sind negative Folgen wie Konzentrationsschwäche, Unterzuckerung, Schlafstörungen oder eine verringerte Immunabwehr möglich. Cortisol arbeitet bei der Stressbewältigung eng mit anderen Hormonen wie Adrenalin, Dopamin oder Serotonin zusammen.
Adrenalin
Adrenalin ist gemeinsam mit dem Hormon Noradrenalin hauptverantwortlich dafür, dass unser Herz höherschlägt, wenn Gefahr droht – oder auch wenn wir an eine frische Liebe denken. Produziert wird es in den Nebennieren und gelangt von dort in den Blutkreislauf. Mit Adrenalin im Blut erhöht sich die Sauerstoffversorgung des Organismus kurzfristig, die Bronchien weiten sich und die Herzfrequenz sowie die Energieversorgung im Körper steigen.
Insulin
Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und reguliert den Zucker-, Fett- und Eiweisshaushalt. Bei Menschen mit Diabetes kann die Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin produzieren, weshalb das Hormon von aussen zugeführt werden muss. Ohne Insulin kann der Zucker aus dem Blut nicht in die Zellen transportiert werden.
Serotonin
Das «Gute-Laune-Hormon» gilt als natürliches Antidepressivum, weil es euphorisierend wirkt. Davon profitieren unter anderem Menschen, die einen Marathon laufen. Denn durch die Ausschüttung von Serotonin nehmen sie Schmerzen selbst bei starker körperlicher Anstrengung weniger stark wahr. Die Produktion von Serotonin findet zum grössten Teil im Darm, aber auch in den Nervenzellen im Gehirn statt. Es beeinflusst auch Körperfunktionen wie etwa den Schlaf-wach-Rhythmus. Ein Serotoninmangel kann zu Schlafstörungen und Gemütsverstimmungen führen. Viele Antidepressiva wirken über den Serotoninhaushalt.
Östrogen
Das Geschlechtshormon kommt bei Frauen und Männern vor. Jedoch wird der Grossteil in den weiblichen Eierstöcken produziert, weshalb Frauen stärker von der Wirkung betroffen sind. Östrogen reguliert nicht nur Menstruationszyklus und Fortpflanzung, sondern wirkt auch auf den Knochenstoffwechsel und die Stimmung. In der Menopause sinkt der Spiegel. Dadurch gerät der Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht, was Schlafstörungen und Hitzewallungen auslösen kann.
Testosteron
Testosteron ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Es wird vor allem in den Hoden gebildet, doch auch Frauen produzieren es in geringen Mengen in den Eierstöcken und der Nebennierenrinde. Testosteron steuert die Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane inklusive Spermien und sorgt für breite Schultern, eine tiefe Stimme und Bartwuchs. Im Alter nimmt der Östrogenspiegel auch bei Männern zu, was die Produktion von Testosteron bremsen kann.
Sabine Stölzle
Apothekerin und Co-Betriebsleiterin
Wodurch gerät unser Hormonhaushalt aus der Balance?
Das Überschreiten von Grenzen bedeutet für den Körper immer Stress. Sport darf intensiv sein, aber man sollte den eigenen Energiehaushalt pflegen, etwa mit vitaminreicher Ernährung und Ruhephasen. Regelmässiger Schlaf ist für die Regenerations- und Wachstumsprozesse zentral. Privater oder beruflicher Stress bringen den Cortisolhaushalt durcheinander, wodurch das Immunsystem leichter angreifbar wird. Schlafstörungen, Bluthochdruck oder eine eingeschränkte Denkleistung können folgen.
Wie lässt sich vorbeugen?
Neben einem erholsamen Schlaf ist die Einnahme gesunder Lebensmittel zentral: viel Gemüse und Früchte, wenig Zucker für einen ausgewogenen Insulinhaushalt und Selbstgekochtes aus möglichst unbehandelten Nahrungsmitteln statt Fast Food. Was gegen Schlafstörungen helfen kann, sind Omega-3-Fettsäuren, welche die Melatoninproduktion anregen.
Wie beeinflusst Sport die Hormonproduktion?
Ein ausgewogener Hormonhaushalt braucht beides: Aktion und Regeneration. Kurze, intensive Bewegungseinheiten wirken sich positiv auf unseren Körper aus, weil sie die Hormonproduktion anregen. Cortisol beispielsweise ist wichtig, um die Energieproduktion im Körper zu fördern.