Nach einer Schwangerschaft und der Geburt ist der weibliche Körper ein anderer. «Postpartum» heisst diese Zeit, die Mütter auch seelisch herausfordert.
Der Körper einer schwangeren Frau gibt alles, um dem heranwachsenden Kind ein guter Lebensort zu sein. Er entwickelt dafür sogar ein eigenes Organ: Etwa tellergross und 600 Gramm schwer ist die Plazenta zum Ende der Schwangerschaft. Die Muskulatur der Gebärmutter wächst extrem – von rund 60 auf 1’500 Gramm. Ständig erneuert wird das Fruchtwasser, das vor der Geburt ein Volumen von etwa einem Liter hat. Auch der Blutkreislauf und die Blutbildung werden während der Schwangerschaft gefordert, und das Herz leistet einen deutlichen Mehraufwand. Am augenscheinlichsten, um die Veränderung des Körpers zu erfassen, ist der Bauchumfang: Er misst nach vierzig Wochen Schwangerschaft oft hundert Zentimeter und mehr.
Ein Ausnahmezustand also – und dieser ist mit der Geburt des Kindes nicht vorbei. «Mindestens so lange, wie die Frau schwanger war, dauert es, bis ihr Körper sich davon erholt hat», sagt Marlen Niederberger. Die dipl. Drogistin HF und Drogerie-Inhaberin ist selbst dreifache Mutter. Ihr wichtigster Rat in der Postpartum-Phase: «Frauen sollten ihrem Körper Zeit geben und vor allem zu sich selbst schauen und nicht auf die stark bearbeiteten Fotos in den sozialen Netzwerken.»
Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und Erschöpfung
Tatsächlich holt frau sich guten Rat besser in der Drogerie, Apotheke oder bei ihrer Hebamme als im Internet. Denn Nachwehen von Schwangerschaft und Geburt erlebt jede Mutter. Zu den häufigsten gehören laut Niederberger Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und Erschöpfung. Auch Verstopfung, Hämorrhoiden oder starker Haarausfall sind oft behandelte Beschwerden während des Wochenbetts – so nennt man die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt. Die Expertin setzt hier auf Alternativmedizin wie Homöopathie und spagyrische Essenzen: «Diese stellen wir individuell als Mischung zusammen, je nach den vorliegenden Symptomen.» Für das Gespräch mit der Kundin brauche es manchmal Fingerspitzengefühl, etwa wenn die Geburt als belastend erlebt wurde.
In der Stillzeit bloss keine Diät halten
Viele Frauen fragen in der Drogerie oder Apotheke um Unterstützung fürs Stillen, etwa bei wunden Brustwarzen sowie für die Milchbildung. Für Letzteres haben sich Stilltees mit Bockshornkleesamen bewährt, welche die Milchbildung anregen können. Wer stillt, braucht Energie für zwei und sollte sich deshalb besonders ausgewogen ernähren. Eine Diät oder Entschlackungskur, um die zusätzlichen Kilos aus der Schwangerschaft loszuwerden, wäre jetzt keine gute Idee. Marlen Niederberger: «Im Fettgewebe eingelagerte Schlackenstoffe würden ausgeschieden und über die Muttermilch auch zum Baby gelangen.» Generell weist die Expertin darauf hin, wie wichtig die passende Versorgung mit Vitalstoffen ist. Während und nach der Schwangerschaft benötigt der mütterliche Körper viel Eisen und Kalzium. Magnesium kann die Verdauung unterstützen und Muskelkrämpfe lösen.
Egal ob natürliche Geburt oder Kaiserschnitt, in der ersten Zeit danach begleitet der Wochenfluss die Mutter nach der Entbindung. Als Wochenfluss wird das Wundsekret bezeichnet, das nach der Geburt zusammen mit Blut aus der Gebärmutter ausgeschieden wird. Solange der Ausfluss anhält, sollten Binden ohne Plastikfolie benutzt werden – und keinesfalls Tampons. Nach dem Toilettengang wird empfohlen, den Intimbereich mit lauwarmem Wasser sanft zu reinigen.
Rückbildungsgymnastik für den Beckenboden
Nach acht bis zehn Wochen ist es Zeit, mit Rückbildungsgymnastik zu beginnen. Schwangerschaft und Geburt bedeuten übermässige Dehnung für den weiblichen Beckenboden und die Bauchmuskulatur. Sie wieder zu kräftigen, braucht Zeit, doch diese ist gut investiert. «Ein stabiles Zentrum zu haben», weiss Marlen Niederberger, «ist lebenslang wichtig für eine Frau.» Wichtig sei jedoch auch, Frauen für das einzigartige Erlebnis des Mutterwerdens zu stärken. «Bachblüten beispielsweise wirken positiv auf das Selbstvertrauen, und eine gute Schwangerschaftscreme lädt dazu ein, den Bauch liebevoll zu berühren und das Baby bereits vor der Geburt willkommen zu heissen.» Die Natur gebe nicht nur dem Ungeborenen vierzig Wochen Zeit, sich zu entwickeln – sondern auch der mütterlichen Psyche.
Babyblues
Wie die Ankunft eines Kindes das Leben verändert, ist überwältigend – in jeder Hinsicht. Zur neuen Rolle als Mutter gehören nicht nur Glücksgefühle, sondern auch Überforderung und Erschöpfung. Vor allem zwischen dem dritten und fünften Tag nach der Geburt macht sich die Hormonumstellung bemerkbar: Progesteron und Östrogen aus der Schwangerschaft fallen abrupt ab. Viele Frauen sind dann dünnhäutig und reizbar, weinen häufig, sind müde und appetitlos oder verspüren Angst, den Erwartungen nicht gerecht zu werden. Das nennt sich Babyblues – und ist ganz normal. Mütter sollten in diesen Tagen jeglichen Terminstress vermeiden; Besuch kann warten. Um den Haushalt oder die Betreuung grösserer Kinder sollen sich der Partner oder andere Nahestehende kümmern. Hilfreich ist, mit der Hebamme darüber zu sprechen, was einen bewegt.
Der Babyblues verschwindet meist innert einiger Tage von selbst. Wer aber länger traurig und antriebslos bleibt oder Mühe hat, das Neugeborene anzunehmen, leidet möglicherweise an einer postpartalen Depression (Wochenbettdepression). Dann ist die Unterstützung einer Fachperson gefragt. Übrigens: Eine solche Depression kann auch Väter treffen. Die Symptome sind häufig nicht die gleichen: Während Frauen oft traurig sind, fühlen sich Männer eher wütend und sozial isoliert.