Digitale Pausen

Ratgeber / Gesundheit

Digitale Pausen: Mehr Zeit fürs Wesentliche

23.01.2025 / von 

Bildschirmzeit ist ein Teil unseres Alltags – doch wie nutzen wir sie bewusst und gesund? Digitalexpertin Sarah Genner beleuchtet, wie wir uns von der ständigen Erreichbarkeit lösen, digitale Pausen schaffen und ein gesundes Gleichgewicht im Umgang mit unseren Geräten finden.

Sarah Genner
Wer klar weiss, was wichtig ist, nutzt die eigene Zeit – und auch Bildschirmzeit – bewusster.

Dr. Sarah Genner

Digitalexpertin und Dozentin. Spezialgebiet: Auswirkungen digitaler Medien und Technologien auf Mensch, Gesellschaft und Arbeitswelt. Buch: ABC Digital, Stämpfli Verlag

Wie beeinflusst die ständige Erreichbarkeit unsere mentale Gesundheit?

Der ständige Online-Zugang ist zu einer Art menschlichem Sinnesorgan geworden. Mit dem omnipräsenten Computer in der Hosentasche sind wir eine Cyborg-artige Verschmelzung eingegangen. Ein Smartphone ergänzt durch permanenten Online-Zugang unsere Augen, Ohren und unsere Nase. Das gesteigerte Lebenstempo und die höhere Erwartung an schnelle Informationsverarbeitung führen oft zu Stress, Entfremdung und einem Verlust an Tiefe im Erleben.

Was kann man dagegen tun?

Das Zauberwort heisst Digital Balance. Der Begriff steht für eine gesunde Lebensweise im Umgang mit digitalen Medien, vergleichbar mit ausgewogener Ernährung und körperlicher Bewegung. Es geht jedoch nicht um digitales Fasten, sondern darum, trotz digitaler Ablenkungen stets ein Bewusstsein dafür zu haben, was uns wirklich wichtig ist.

Und wie gibt man dieses Bewusstsein an seine Kinder weiter?

Vorleben ist die beste Erziehung. Wenn Eltern am Esstisch am Handy sind oder es während Gesprächen nicht weglegen, macht das der Nachwuchs früher oder später auch so. In Bezug auf Kinder bin ich deshalb für eine tendenziell strenge Medienerziehung. Bewegung ist wichtig, draussen spielen und haptische Erfahrungen. Freundschaften, Musik und Sport gilt es zu fördern. Dass dabei auch Bildschirme eine Rolle spielen: klar, aber eben beschränkt.

Sind handyfreie Zonen im eigenen Zuhause sinnvoll?

Durchaus. Zum Beispiel am Esstisch oder das Schlafzimmer. Hilfreich ist dafür eine gemeinsame Ladestation für alle mobilen Geräte der Familie ausserhalb der Schlafzimmer. Dafür muss man sich jedoch herkömmliche Wecker anschaffen.

Wie kann man den eigenen Medienkonsum reduzieren?

Am effektivsten ist es, sich auf die eigenen Prioritäten zu konzentrieren, da unser Leben begrenzt ist. Wer klar weiss, was wichtig ist, nutzt die eigene Zeit – und auch Bildschirmzeit – bewusster. Medienkonsum ist nicht per se schlecht, solange das Smartphone gezielt eingesetzt wird. Problematisch wird es erst beim Doomscrollen.

Wenn man sich also quasi ins Verderben scrollt?

Genau, der Begriff beschreibt das Phänomen, bei dem Personen exzessiv negative Nachrichten auf sozialen Medien oder Nachrichtenseiten konsumieren, bis sie einen Punkt erreichen, an dem es psychisch belastend wird. In solchen Fällen hilft es, die Bildschirmzeit bewusst zu reduzieren und Push-Benachrichtigungen auszuschalten.

Wann spricht man von einer Abhängigkeit?

Generell liegt eine Suchtgefährdung vor, wenn mehrere Versuche, sich einzuschränken, gescheitert sind, Leistungen in Schule oder Beruf nachlassen und frühere Hobbys und soziale Kontakte vernachlässigt werden. Zuerst sollte die Online-Zeit begrenzt und alternative Freizeitideen entwickelt werden. Bleibt das Verhalten trotzdem auffällig, sollte man professionelle Unterstützung suchen.