Die Pille vergessen oder das Kondom geplatzt: Verhütungspannen passieren. In solchen Notfällen unterstützen die Apotheken Betroffene mit der «Pille danach» und einer einfühlsamen und kompetenten Beratung.
Das Leben verläuft nicht immer nach Plan. Das gilt auch für die Verhütung. Manchmal können unvorhergesehene Situationen dazu führen, dass herkömmliche Verhütungsmethoden versagen oder gar nicht erst eingesetzt werden. Das Kondom kann reissen oder verrutschen, man vergisst, die Pille einzunehmen, oder es findet ungeplanter und ungeschützter Geschlechtsverkehr statt. In solchen Situationen ist rasches Handeln nötig, wenn man eine ungewollte Schwangerschaft verhindern will. In der Apotheke wird man fachkundig und diskret beraten und die Apothekerin oder der Apotheker evaluiert, ob es angezeigt ist, die «Pille danach» anzuwenden.
Wie wirkt die «Pille danach»?
Die «Pille danach» ist ein Notfallverhütungsmittel, das eine Schwangerschaft nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr verhindern kann. Sie verhindert oder verschiebt den Eisprung über die Lebensdauer der Spermien hinaus. Dadurch wird verhindert, dass eine Eizelle befruchtet werden kann. Die «Pille danach» senkt das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft um etwa 85 bis 95 Prozent, je nach verwendetem Präparat und der Zeitspanne, in der sie angewendet wird. Die Einnahme sollte idealerweise innerhalb von 12 Stunden erfolgen, kann jedoch bis zu 72 Stunden oder in bestimmten Fällen bis zu 120 Stunden danach wirksam sein. Dennoch gilt: Je früher die Einnahme, desto besser. Die «Pille danach» wirkt nur vor dem Eisprung. Hat der Eisprung bereits stattgefunden, ist sie nicht mehr wirksam. Es ist wichtig zu betonen, dass sie nicht als reguläres Verhütungsmittel, sondern ausschliesslich für Notfälle gedacht ist. Die fruchtbare Phase kann später auftreten als erwartet. Nach der Einnahme der «Pille danach» sollte deshalb sicher verhütet werden.
Beratung als Entscheidungsgrundlage
Der Zugang zur Notfallverhütung ist niederschwellig und es gibt kein Mindestalter. Die «Pille danach» ist ohne ärztliches Rezept in Apotheken erhältlich. Voraussetzung dafür ist, dass die Frau persönlich an einem Beratungsgespräch anwesend und urteilsfähig ist. In der Schweiz sind verschiedene Präparate zugelassen, welche die Wirkstoffe Levonorgestrel oder Ulipristalacetat beinhalten. Präparate mit Levonorgestrel sollten innerhalb von 72 Stunden eingenommen werden, jene mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat können bis zu 120 Stunden nach dem Schwangerschaftsrisiko wirksam sein. Die Kosten für die «Pille danach» werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Sie bewegen sich zwischen 45 und 60 Franken, inklusive Beratungsgespräch.
Das Beratungsgespräch mit einer Apothekerin oder einem Apotheker dient dazu, festzustellen, ob die Einnahme der Pille danach möglich und indiziert ist und welches Präparat sich am besten eignet. Dazu wird erfragt, wie lange der ungeschützte Geschlechtsverkehr zurückliegt und was die Ursache für das Schwangerschaftsrisiko ist: eine fehlerhafte Einnahme der hormonellen Verhütung, ein kaputtes oder verrutschtes Kondom oder gänzlich ungeschützter Geschlechtsverkehr. Die Fachperson muss vor der Abgabe der «Pille danach» eine bestehende Schwangerschaft aus einer vorherigen Risikosituation ausschliessen können. Zudem klärt sie mit der Kundin, ob andere Kontraindikationen vorliegen, wie allfällige Wechselwirkungen mit Medikamenten, eine Leberfunktionsstörung oder eine Allergie.
Verträglichkeit und Nebenwirkungen
Im Beratungsgespräch wird die Kundin auch über die Risiken und Nebenwirkungen der «Pille danach» aufgeklärt. Diese sind jedoch sehr gering und die Präparate werden allgemein gut vertragen. Nach der Einnahme können Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Spannungsgefühl in den Brüsten und Schmierblutungen auftreten. Erbricht die Betroffene innerhalb von drei Stunden nach Einnahme der «Pille danach», muss das Medikament erneut eingenommen werden. Das ist aber sehr selten. Zudem muss mit Zyklusverschiebungen und einer Verzögerung der nächsten Menstruation gerechnet werden. Bleibt die Menstruation mehr als drei Wochen nach Einnahme der Notfallverhütung aus, wird empfohlen, einen Schwangerschaftstest zu machen. Langzeitfolgen durch die «Pille danach» sind keine zu befürchten. Frauen mit bestimmten Lebererkrankungen oder Allergien gegenüber den Inhaltsstoffen sollten die Präparate nicht einnehmen. Auch kann die Wirksamkeit der «Pille danach» durch Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten reduziert sein. In solchen Fällen verweisen die Apotheker*innen die Kundin an eine Ärztin oder einen Arzt.
«Pille danach»-Beratung in der Apotheke
Die Apotheken sind eine wichtige Anlaufstelle für Frauen, die das Risiko für eine Schwangerschaft nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr verringern möchten. In einem vertraulichen Gespräch, das in einem separaten Besprechungszimmer stattfindet, wird die Kundin über die Wirkung und allfällige Nebenwirkungen des Medikaments aufgeklärt. Im Gespräch hat die Betroffene zudem die Gelegenheit, ihre Fragen und allfällige Sorgen mit einer Fachperson zu besprechen. Alle Informationen werden schriftlich festgehalten und nicht an Dritte weitergegeben – im Fall von Minderjährigen auch nicht an die Eltern. Die Beratung ohne die «Pille danach» kostet 20 Franken.
Sarah Ackermann
Apothekerin und Co-Betriebsleiterin
Worauf legen Sie beim Beratungsgespräch zu einer Abgabe der «Pille danach» wert?
Mir ist wichtig, dass die Kundin sich sicher und gut aufgehoben fühlt. Das erfordert Empathie und Fingerspitzengefühl. Ich kann gut nachvollziehen, dass es für die Betroffene keine angenehme Situation ist. Mir geht es in erster Linie darum, zusammen mit der Kundin die bestmögliche Lösung zu finden und sie mit meinem Fachwissen zu beraten. Ich finde es wichtig, dass die Frauen verstehen, wie das Medikament wirkt und welchen Einfluss es auf den Zyklus hat.
Gibt es zusätzliche Massnahmen oder Verhütungsmethoden, die Sie nach der Einnahme der «Pille danach» empfehlen?
Das ist ein wichtiger Bestandteil des Beratungsgesprächs. Dabei kommt es auf die Verhütungsform, den Grund des Schwangerschaftsrisikos sowie die aktuelle Lebenssituation an. In der Regel empfehlen wir, bis zu sieben Tage nach der Einnahme der «Pille danach» mit Kondom zu verhüten, auch zusätzlich zu einer hormonellen Verhütung. Ohne hormonelle Verhütung muss immer mit Kondom verhütet werden.
Was raten Sie Frauen, die unsicher sind, ob sie die «Pille danach» benötigen?
Ich würde ihnen empfehlen, einfach in der Apotheke vorbeizukommen und sich beraten zu lassen. Man kann auch kurz anrufen, um abzuklären, ob ein Beratungsgespräch sinnvoll wäre. Gemeinsam finden wir immer eine Lösung. Und falls wir nicht weiterhelfen können, verweisen wir die Kundin an die richtige Stelle.