Die Gefahr des schwarzen Lochs

Ratgeber / Gesundheit

Die Gefahr des schwarzen Lochs

24.02.2021 / von 

Karies gehört zu den am weitesten verbreiteten Krankheiten weltweit. Säurebildende Bakterien greifen den Zahnschmelz an und sorgen für die berüchtigten Löcher im Zahn. Wer vorbeugt, kann Schäden vermeiden.

Die goldene Regel «Nach dem Essen Zähne putzen nicht vergessen» mahnt schon von klein auf vor dem grossen Übel: Karies. Zumindest in der Schweiz scheint sie ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Gemäss einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich die Mundgesundheit von Schweizer Jugendlichen in den vergangenen Jahren um bis zu 90 Prozent verbessert. International gesehen steht die Schweiz sehr gut da, was die Mund- und Zahnhygiene betrifft. Jeder einzelne Zahnverlust durch Karies ist jedoch einer zu viel, da sich die Krankheit mit der richtigen Pflege und regelmässigen Kontrollen beim Zahnarzt gut eindämmen oder gar vermeiden lässt. Denn auch bei der Kariesvorbeugung gilt: Nur wer dranbleibt, schützt seine Zähne ein Leben lang.

Entwicklung in Stufen

Karies entwickelt sich in drei Stadien. Zuerst bilden sich weisse Flecken auf dem Zahnschmelz, die mit blossem Auge kaum erkennbar sind. Durch die Nahrung können sie sich auch dunkel verfärben. Solange nur die Schmelzschicht betroffen ist, bedarf es nicht unbedingt einer Behandlung. Zahnpflegegels mit Fluorid (siehe Interview) und eine Anpassung der Ernährung können helfen, dem Zahn wieder Mineralien zuzufügen. Befällt Karies jedoch das Zahnbein, machen sich erste, meist ziehende Schmerzen bemerkbar. Wenn Karies bis über zwei Drittel ins Zahnbein eindringt, handelt es sich bereits um einen tiefen Befall. In der letzten Phase kommt es zum Angriff auf den Zahnnerv und zu deutlich spürbaren, pochenden Schmerzen. Je nach Ort des Befalls sind die Löcher nicht direkt erkennbar und müssen durch Verfahren und Instrumente wie Spiegel, Röntgen oder Laser sichtbar gemacht werden.

Zahnhygiene als A und O

Die Ursache für den Kariesbefall liegt in Bakterien, die im Mund vorhanden sind. Sie ernähren sich von Kohlenhydraten wie Zucker, Traubenzucker, Fruchtzucker und Stärke. Dabei entsteht als Abbauprodukt Säure, die den Zähnen Mineralstoff entzieht. Der Zahnschmelz wird brüchig. In der Folge können Mikroorganismen in den Zahn eindringen und ihn von innen zerstören.

Um die Zähne zu schützen und sie lange zu erhalten, sind drei Faktoren entscheidend: Ernährung, Mundhygiene und Kontrolle. Zucker- und säurearme Lebensmittel sorgen für einen neutralen pH-Wert im Mund und können helfen, Karies gar nicht erst entstehen zu lassen. Wer mindestens zweimal am Tag die Zähne putzt, Zahnseide benutzt und den Zahnschmelz mit Fluorid behandelt, trägt zu einer gesunden Mundflora bei. Da Karies sich auch an Stellen bilden kann, die mit blossem Auge nicht sichtbar sind, empfiehlt sich eine jährliche Kontrolle beim Zahnarzt. Ebenso ist es ratsam, den Zahnbelag regelmässig von einem Dentalhygieniker oder einer Dentalhygienikerin entfernen zu lassen.

Zahnverlust lässt sich vermeiden

Langfristig führt unbehandelter Kariesbefall zum Verlust des Zahns. Fortschreitende Karies bringt auch eine Reihe von Komplikationen mit sich, die von der Entzündung des Zahnmarks bis zu lokalen Abszessen an den betroffenen Stellen führen können. Der Schmerz als körpereigenes Warnsystem meldet sich spätestens dann, wenn der Kariesbefall zum Zahnmark vorgedrungen ist. Erfolgt keine Behandlung, befällt Karies die Wurzeln. Dann ist eine äusserst aufwendige Behandlung nötig, um den Zahn zu retten. Im schlimmsten Fall müssen verlorene Zähne durch Prothesen oder Implantate ersetzt werden, was mit hohen Kosten verbunden ist und keinen gleichwertigen Ersatz für natürliche Zähne darstellt.

Martina Spiess
Zähne mit genügend Fluorid sind markant weniger anfällig auf Karies.

Martina Spiess

Dipl. Dentalhygienikerin HF

Der Einsatz von Fluorid wird zur Kariesprophylaxe verwendet. Es gibt aber auch negative Stimmen zu Fluorid. Sind diese berechtigt?

Nein, das sind sie auf keinen Fall. Fluorid ist ein Spurenelement, das zum Teil auch mit der täglichen Nahrung eingenommen wird. Es ist klar zu unterscheiden vom sehr giftigen Fluor. Fluorid in Mundhygieneprodukten ist für die Zähne sehr wichtig. Im klinischen Alltag kann man sehr schön erkennen, dass Zähne mit genügend Fluorid markant weniger anfällig auf Karies sind als andere.

Elektrische oder herkömmliche Zahnbürsten – welche putzen effektiver?

Elektrische Zahnbürsten. Aber nur diejenigen mit einem langen Bürstenkopf und Vibration. Diese Schallzahnbürsten reinigen sehr schonend. Durch die Schallbewegungen erreichen sie auch schwer zugängliche Stellen.

Haben Sie einen Tipp für den Alltag, um Karies zu vermeiden?

Süssigkeiten möglichst nach den Hauptmahlzeiten zu sich nehmen – und danach die Zähne putzen. Falls das nicht geht, eignen sich als Ersatz zwar auch zuckerfreie Zahnpflegekaugummis, sie sollten aber nicht die Regel sein. Tagsüber am besten nur sehr wenig gesüsste Getränke oder Speisen konsumieren, denn zu viel Zucker schadet den Zähnen.

Wie mehr Zucker zu mehr Karies führt

Über 99% der Erwachsenen in westlich industrialisierten Ländern leiden laut einer Studie der WHO an Zahnkaries. Das macht Karies zur häufigsten ernährungsabhängigen Zivilisationskrankheit der Welt. Dennoch ist das Phänomen nicht neu: Löcher in den Zähnen lassen sich bis in die prähistorische Zeit nachweisen. Zur grossflächigen Verbreitung kam es aber erst, als der Zuckerkonsum anstieg. Es lässt sich also sagen, dass Kariesbefall auch mit dem steigenden Wohlstand zusammenhängt. Doch nicht nur der Zuckergehalt, sondern auch die Konsistenz der Speisen spielt eine Rolle. So schadet süsse und klebrige Nahrung den Zähnen mehr als kohlenhydrathaltige Mahlzeiten. Keine Gefahr für die Zähne stellen allerdings künstliche Süssungsmittel dar, da die Mundbakterien sie nicht verarbeiten können.