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Arzt oder Apotheke: Wo Sie welche Medikamente erhalten

26.04.2021 / von 

Seit 2019 ist die neue Heilmittelverordnung in Kraft. Die neue Regelung betrifft auch die Abgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten. Gut zu wissen: Viele solcher Arzneimittel sind auch direkt in der Apotheke erhältlich.

Wer nicht notfallmässig krank oder verletzt ist, wird sich diese Frage auch schon gestellt haben: Lohnt sich der Gang zur Apotheke, falls nach eingehender Beratung trotzdem ein Arzttermin notwendig ist, weil das benötigte Medikament verschreibungspflichtig ist? Oder reicht bereits die Abklärung mit dem Apotheker und man erspart sich so den Termin beim Arzt?

Zumindest was die Verschreibung von Medikamenten betrifft, hat es in den vergangenen Jahren wichtige Änderungen gegeben. Apotheken ist es heute erlaubt, rezeptpflichtige Medikamente unter bestimmten Voraussetzungen direkt an die Kundinnen und Kunden abzugeben. Das betrifft insbesondere Arzneimittel, die bekannte und seit mehreren Jahren zugelassene Wirkstoffe enthalten, zum Beispiel Medikamente gegen Heuschnupfen, Hautekzeme oder Verdauungsprobleme.

Das ABDE der Einteilung

Das seit 2019 gültige Heilmittelgesetz hat zu einer Überarbeitung der Medikamentenlisten geführt. Da Apothekerinnen und Apotheker aufgrund ihrer Ausbildung über die notwendigen Kenntnisse verfügen, haben sie Kompetenzen bei der Abgabe von einigen Präparaten erhalten, die vorher nur mit einem ärztlichen Rezept abgegeben werden durften.

Die für Medikamente zuständige Behörde des Bundes – die Swissmedic – hat im Rahmen der Heilmittelrevision die bisher fünf Abgabekategorien auf deren vier reduziert:

  • Die Liste A enthält alle Medikamente, die ein ärztliches Rezept benötigen und einmalig abgegeben werden. Das sind beispielsweise Antibiotika oder sehr starke Schmerzmittel.
  • Zur Liste B gehören Arzneimittel, die meist über einen längeren Zeitraum eingenommen werden müssen, wie solche gegen hohen Blutdruck, Diabetes oder im Rahmen einer Hormontherapie. Sie sind ebenfalls verschreibungspflichtig.
  • Jene der Listen D dürfen nach einer Beratung in der Apotheke oder der Drogerie direkt abgegeben werden. Zu ihnen gehören typischerweise Medikamente gegen Durchfall, leichte Schmerzmittel oder viele pflanzliche Arzneimittel.
  • Die Kategorie E umfasst alle Heilmittel, deren Abgabe auch ohne Beratung möglich ist. Diese sind auch im Detailhandel erhältlich, wie zum Beispiel Hustenbonbons oder einige Teesorten.

Dokumentationspflicht statt Rezept

In der Liste C waren früher Medikamente aufgeführt, die nach einer Fachberatung zwar direkt in Apotheken abgeben werden durften, aber nicht in Drogerien. Ein Grossteil dieser Arzneimittel ist nun in die Liste D übernommen worden und dadurch auch in Drogerien erhältlich. Andere gehören neu zu den verschreibungspflichtigen Medikamenten, dürfen aber von Apotheken abgegeben werden. Voraussetzung für diesen Wechsel ist eine sorgfältige Dokumentationspflicht. Dabei nimmt die Apothekerin oder der Apotheker die Personalien der Kundin oder des Kunden auf und ergänzt sie mit einer Begründung und dem Zeitpunkt der Abgabe. Im Vorfeld erfolgt in jedem Fall ein Beratungsgespräch. Durch diese Neuerung können die Fachpersonen in der Apotheke noch besser auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden eingehen und eine individuelle Therapie vorschlagen. Die Apothekerin oder der Apotheker ist der Sicherheit des Kunden verpflichtet, trägt die Verantwortung für alle abgegebenen Medikamente und entscheidet, wann ein Gang zum Arzt erforderlich wird. Ist eine ärztliche Unterstützung im Rahmen des Beratungsgesprächs nötig, haben die Apotheken die Möglichkeit, direkt auf eine ärztliche Konsultation zurückzugreifen (siehe Tipp).

Weniger Kantönligeist

Die Neuerungen, die das revidierte Heilmittelgesetz mit sich bringt, machen es für Kunden einfacher, ihre benötigte Medikation zu erhalten. Die fachliche Beratung in der Apotheke sorgt zudem dafür, dass die Sicherheit der Kundinnen und Kunden jederzeit gewährleistet ist. Für vertiefte Abklärungen kann die Apothekerin oder der Apotheker je nach Zeitaufwand eine Beratungspauschale von CHF 30.– erheben, wobei der Kunde im Vorfeld entscheidet, ob er das möchte. Die Apotheker gewinnen an Verantwortung sowie Anerkennung ihrer fachlichen Kompetenz.

Telemedizin: Die virtuelle Arztkonsultation

In den unseren Apotheken gibt es die Möglichkeit eines virtuellen Arztbesuchs. Die Apothekerin oder der Apotheker kann via Tablet mit wenigen Klicks eine Videokonsultation mit ausgewählten Ärztinnen und Ärzten starten. Dabei wird gemeinsam mit einem Arzt oder einer Ärztin das weitere Vorgehen besprochen und geprüft, ob ein Besuch in einer Praxis vor Ort nötig ist. Ebenso ist es möglich, ein Rezept direkt auszustellen und dieses unmittelbar in der Apotheke einzulösen. Dieses Angebot garantiert eine kompetente und sichere Ergänzung der Fachberatung. Die virtuelle Arztkonsultation ist in ausgewählten Apotheken möglich.

Daniel Wechsler
Die Kunden sind sehr dankbar, dass sie auch rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke erhalten.

Dr. Daniel Wechsler

Eidg. dipl. Apotheker und Betriebsleiter in Bern

Wann sollte man in die Apotheke kommen und wann besser zum Arzt gehen?

Wenn es sich nicht um einen Notfall handelt, kann grundsätzlich jeder zuerst in die Apotheke kommen. Gemeinsam mit dem Kunden klären wir ab, ob ein Arztbesuch nötig ist oder ob wir selber weiterhelfen können.

Welche Medikamente sind typischerweise rezeptpflichtig?

Ob ein Medikament rezeptpflichtig ist oder nicht, hängt primär davon ab, ob vor der Anwendung eine medizinische Diagnose notwendig ist. Ausserdem kommt es darauf an, ob es sich um einen neuen Wirkstoff handelt und wie schwierig dessen Handhabung ist, zum Beispiel in Bezug auf Wechsel- und Nebenwirkungen, oder zu welchem Zweck eine Arznei abgegeben wird.

Wie reagieren die Kunden darauf, dass sie auch rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke erhalten?

Die Kunden sind sehr dankbar, weil es für sie eine einfache und gut zugängliche Lösung ist. Viele haben aber noch nicht von dieser Änderung gehört. Neu sind wir ja auch verpflichtet, bei der Abgabe von Medikamenten, die vormals auf der Liste C waren und nun rezeptpflichtig geworden sind, die Personalien aufzunehmen. Das ist für einige noch gewöhnungsbedürftig.

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