Antibiotika

Ratgeber / Gesundheit

Antibiotika und resistente Bakterien

25.05.2021 / von 

Sie haben die Medizin revolutioniert, gleichzeitig verstärkt ihr Einsatz die Verbreitung von resistenten Bakterien. Gegen dieses weltweite Problem kann aber jeder, der Antibiotika einnehmen muss, etwas tun

Dass Antibiotika keine alltäglichen Medikamente sind, ist auf verschiedenen Ebenen erkennbar: Sie kommen meist bei einer starken Infektion zum Einsatz, müssen nach klaren Vorgaben eingenommen werden und sind verschreibungspflichtig. Doch was genau sind Antibiotika? Wie es der Name vermuten lässt, sind es Mittel, die das Wachstum von Bakterien verhindern oder diese abtöten. Somit sind Antibiotika wirkungslos, wenn ein viraler Infekt vorliegt, wie das bei Grippe, Erkältungen oder Magen-Darm-Beschwerden oft der Fall ist. Ebenso wirken sie nicht gegen Pilzerkrankungen oder parasitäre Infektionen. Antibiotika kommen ausschliesslich zur Behandlung von bakteriellen Infektionen oder Entzündungen zum Einsatz. In manchen Fällen können sie auch präventiv verschrieben werden, etwa wenn ein chirurgischer Eingriff bevorsteht.

Von der Blutvergiftung bis zur Chemotherapie

Ob es sich tatsächlich um eine bakterielle Infektion handelt, wird aufgrund von Symptomen oder anhand von Laboruntersuchungen und diagnostischen Tests entschieden. Nicht alle bakteriellen Entzündungen müssen mit Antibiotika behandelt werden. Mit manchen davon wird unser Immunsystem von allein fertig. Ärztinnen und Ärzte setzen Antibiotika ein, um die grosse Bandbreite verschiedener bakterieller Entzündungen zu bekämpfen. Diese reichen von der Blasenentzündung über die Lungenentzündung bis hin zur bakteriellen Blutvergiftung. Auch bei Krebserkrankungen, um Infektionen nach einer Chemotherapie abzuwehren, im Rahmen einer Organtransplantation oder bei bestimmten Autoimmunerkrankungen sind Antibiotika oft Bestandteil der Therapie. Mittlerweile gibt es über zehn verschiedene Sorten, die in eigene «Klassen» eingeteilt und je nach Art der Infektion angewendet werden.

Resistente Bakterien als Herausforderung

Die Resistenz gegen Antibiotika ist ein millionenjähriges Phänomen, es sind nämlich die Bakterien und Pilze selbst, die Antibiotika produzieren, um sich zu schützen oder um anzugreifen. So ist auch das weltweit erste Antibiotikum von einem Schimmelpilz extrahiert worden. Durch den Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin hat sich das Phänomen deutlich verstärkt. Denn jedes Mal, wenn Antibiotika zum Einsatz kommen und Bakterien bekämpfen, können resistente Arten überleben. Diese profitieren von der Beseitigung der anfälligen Bakterien und breiten sich weiter aus, da sie die einzigen sind, die unter diesen Umständen überleben und wachsen können. Umso wichtiger ist es daher, dass die Einnahmevorschriften bei einer Antibiotikatherapie strikt befolgt werden. Das Einhalten der individuellen Dosierung garantiert nicht nur eine optimale Wirksamkeit des Antibiotikums, es trägt auch dazu bei, dass die Entwicklung von resistenten Bakterien verhindert wird (siehe Tipps unten). Besonders beunruhigend sind einige krank machende Bakterien, die mehrere Arten von Resistenzen aufweisen. Diese multiresistenten Bakterien können auch beim gleichzeitigen Einsatz mehrerer Antibiotikaklassen weiterwachsen. Wie Keime auch, sind resistente Bakterien in unserem Leben allgegenwärtig: Sie werden wie alle anderen Bakterien übertragen, am häufigsten über die Hände. Durch ihre komplexen Wege können sie vom Menschen auf das Tier oder umgekehrt sowie durch das Grundwasser auf Früchte und Gemüse oder während einer Tierschlachtung auf das rohe Fleisch übergehen. Ebenso begünstigen internationales Reisen und der weltweite Handel die Ausbreitung von resistenten Bakterien.

Folgen für die Gesellschaft

Eine Infektion kann grundsätzlich jede Person treffen. Sind allerdings antibiotikaresistente Bakterien der Auslöser, werden die Lebensqualität verringert und die Sterblichkeit erhöht. Denn solche Infektionen sind viel schwieriger, in seltenen Fällen gar kaum mehr zu behandeln. Oder die Therapie dauert lange, kostet mehr und die verabreichten Medikamente haben starke Nebenwirkungen. Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz bei den Resistenzen im Mittelfeld. Im Gegensatz zu Italien, Frankreich oder Grossbritannien werden hierzulande weniger Menschen von resistenten Bakterien befallen, jedoch häufiger als in den Niederlanden oder skandinavischen Ländern. Seit 2014 wird die Entwicklung antibiotikaresistenter Bakterien im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) aktiv überwacht. Ärztinnen und Ärzte können heute über Online-Plattformen die Intensität von gewissen Resistenzen in konkreten Regionen abrufen, um eine Verordnung auf dieser Basis auszustellen. Es zeigt sich auch, dass zur Eindämmung resistenter Bakterien neue Antibiotika nicht genügen, Bakterien brauchen nur wenige Jahre, um auch darauf Resistenzen zu entwickeln. Eine sachgemässe Verwendung ist nach wie vor das effizienteste Mittel im Kampf gegen dieses globale Problem.

Schon gewusst?

1928 bemerkte der britische Mediziner Alexander Flemming eher zufällig, wie Schimmelpilze der Gattung Penicillium eine wachstumshemmende Wirkung auf die Bakterien in ihrer Nachbarschaft hatten. Diese Entdeckung führte später zum Antibiotikum Penicillin, wofür Flemming mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts verbesserte Penicillin auch in der Schweiz die Lebenserwartung der Bevölkerung deutlich und Todesfälle aufgrund von Infektionskrankheiten sind stark zurückgegangen.

Antibiotika richtig einnehmen

  • Halten Sie sich an die Einnahmevorschriften
  • Brechen Sie die Behandlung nicht vorzeitig ab, auch wenn Sie sich besser fühlen
  • Lassen Sie keine Einnahme aus
  • Melden Sie sich bei Nebenwirkungen in Ihrer Apotheke, bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin
  • Reichen Sie Antibiotika nicht an andere Personen weiter
Alessandro Capponi
Bei Antibiotika sollte man unbedingt die Dauer der Therapie beachten.

Alessandro Capponi

Apotheker und Betriebsleiter in Basel

Warum hilft bei gewissen Infektionen ein bestimmtes Antibiotikum, aber ein anderes nicht?

Antibiotika unterstützen das Abwehrsystem des Körpers bei der Bekämpfung von Bakterien, indem sie die Erreger abtöten oder sie in ihrem Wachstum hemmen. Ein Antibiotikum erreicht dies, indem es ein bestimmtes Biomolekül, ein sogenanntes Target, im Bakterium angreift. Da nicht alle Bakterien die gleichen Eigenschaften aufweisen, wirken nur bestimmte Antibiotika bei einer bestimmten bakteriellen Infektion. Dies ist auch bei der bakteriellen Resistenz der Fall, dadurch verlieren Bakterien ihre Empfindlichkeit gegenüber einem bestimmten Antibiotikum, weil sie gelernt haben, ihr Target entweder zu verändern oder vor dem Antibiotikum zu schützen.

Weshalb ist bei Antibiotika der Einnahmezeitpunkt so wichtig?

Der richtige Einnahmezeitpunkt reduziert einerseits die Wahrscheinlichkeit, dass Nebenwirkungen auftreten deutlich, und kann andererseits das Erreichen der optimalen Wirksamkeit gewährleisten. Bei Antibiotika sollte man unbedingt auch die Dauer der Therapie beachten.

Was macht man mit einer angebrochenen Antibiotika-Packung?

Sollte man nicht die gesamte in der Antibiotika-Packung enthaltene Tablettenzahl benötigen, kann man diese in die Apotheke zurückbringen, wir kümmern uns um die ordnungsgemässe Entsorgung. Dies gilt im Übrigen für jedes Medikament.